Begrüßung
„Willkommen, all ihr Herrn und Damen, in unsrem lieben Albverein! Kenn ich auch alle nicht mit Namen, soll dies nicht von Bedeutung sein! Der Name kann ja nicht verbinden. In einem sind wir alle Eins: Die schöne Alb ganz zu ergründen, das ist das Zeichen des Vereins.“
Mit diesem Anfang des Begrüßungsgedichtes empfing Oberamtsrichter von Martens vor 125 Jahren die Teilnehmer der damaligen „Festfahrt“. Und ich heiße heute mit den gleichen Worten alle Anwesenden herzlich willkommen
Durch Ihr Kommen bezeugen Sie Ihre Wertschätzung für unsere kleine Ortsgruppe. Trotz eines sicherlich vollen Terminkalenders hat sich Herr Oberbürgermeister Guido Till bereit erklärt, ein Grußwort zu sprechen. Ebenso hat als Vertreter des Landrats der Dezernent für Jugend und Soziales, Herr Rudolf Dangelmayr, um ein Grußwort gebeten. Auch die Bundestagsabgeordnete Frau Heike Baehrens und der Landtagsabgeordnete Herr Alexander Maier haben sich spontan bereit erklärt, durch ihr Grußwort ihr Interesse für unsere Vereinsarbeit kundzutun. Wir freuen uns auch sehr über die Anwesenheit folgender Damen und Herren: Bezirksamtsleiterin Frau Daume, die Bezirksbeiräte Herr Bumann, Herr Weiß und Frau Ott, den stellvertr. Filsgauvorsitzenden Hans-Jürgen Digel, und last but not least den 1.Stellvertretenden Präsidenten der Landessynode Herrn Werner Stepanek. Über die Anwesenheit so vieler Freunde und Mitglieder unserer Ortsgruppe freue ich mich ganz besonders. Vielen Dank auch den fleißigen Helfern. Uns allen wünsche ich ein wunderschönes , unvergessliches Jubiläumsfest.
Für die musikal. Umrahmung bedanke ich mich bei unserem bewährten Holzheimer Trio „Die Oldies“: der 6-fach Kreuzwender wird gespielt von Heinz Schmid, an der Gitarre: Hannes Veigel und am Akkordeon: Gerhard Voith.
Grußworte: OB Guido Till Herr Dangelmayr
Frau Baehrens
Herr Maier
Musikeinlage
Grußwort Filsgauvorsitzender Hans-Jürgen Diegel und Überreichen der Urkunde
Festvortrag:
Gehalten von Teamsprecherin Hanna Schütze-Clement
Liebe Gäste!
Zunächst möchte ich Ihnen etwas über die Entwicklung unserer OG erzählen. 125 Jahre OG Holzheim- eine wahrlich stolze Zahl! Doch stimmt das „Geburtsjahr“ 1893 auch wirklich? Die Recherchen zum Gründungsjahr waren schwierig. Pfarrer Mülot wird 1893 im „Ortsgruppenverzeichnis und Vertrauensmännerliste“ namentlich als „Vertrauensmann“ erwähnt.Den „Vertrauensmännern“ wurde das Einsammeln und Weiterleiten der Mitgliedsbeiträge an die Hauptstelle „anvertraut“. Mangels anderweitiger Dokumente hat der Hauptverein das Gründungsjahr unserer OG auf 1893 festgelegt.Also können wir in diesem Jahr unser 125jähriges Jubiläum feiern.
Zwei Jahre nach der Gründung wird Lehrer Sautter als Vertrauensmann erwähnt. Innerhalb der nächsten 2 Jahre sind 15 neue Mitgliedernamen aufgeführt.Die Geschicke der OG liegen wieder in Händen eines Geistlichen: Pfarrer Dieterich ist neuer Vertrauensmann. Offensichtlich waren die damaligen Pfarrer dem Wanderverein gegenüber sehr aufgeschlossen- aber das blieb nicht immer so! „Häufiger und noch schädlicher ist die Sonntagsentheiligung, die durch Vereine verursacht wird. Sie führen die Leute scharenweise um die Kirche herum, statt in sie hinein. Da ist der Albverein, der 75 Mitglieder zählt. Seine sonntäglichen Wanderungen bringen viele um den Gottesdienst.“ Nachzulesen im Holzheimer Pfarrbericht von 1922. Also, unsere OG führt wenigstens einmal im Jahr, nämlich bei unserem Wandergottesdienst, die Wanderer in die Kirche hinein. Außerdem hat Justizminister Guido Wolf „Wanderern, die sich am Sonntagmorgen in die Natur begeben, Absolution erteilt. Wandern sei Beten mit den Füßen.“ Wie beruhigend für uns!
Und wie sieht es heute zwischen Kirche und Albverein aus? Mir scheint, dass auch unsere Pfarrerin Heike Müller-Volz sich dieser Meinung anschließen kann. Sie und ihre Familie sind bei uns Mitglied und außerdem hat sie sich dafür eingesetzt, dass wir heute mietfrei diesen schönen Raum benutzen dürfen. Wir wollen ihr deshalb mit einem kleinen Geschenk Danke sagen und hoffen, dass sie in absehbarer Zeit es auch Sonntagvormittags benutzen kann!
Über die nächsten 30 Jahre konnte ich kaum Details finden. Sowohl im Stadtarchiv als auch im Stuttgarter Vereins-Archiv existieren keine Aufzeichnungen mehr. Mich persönlich hat es schon lange interessiert, wie sich der Albverein in der Zeit der Machtergreifung positioniert hatte. Ich stieß auf einen Artikel, der zwar den Hauptverein betraf, aber da die „Blätter des Schwäbischen Albvereins“ von allen Mitgliedern gelesen werden, ist die darin beschriebene Gesinnung sicherlich auch auf unsere OG zu übertragen. Die NSDAP versuchte immer mehr Einfluss auf die Organe des Albvereins zu nehmen. Aus bisherigen Vorsitzenden mussten „Vereinsführer“ werden, Mitgliederversammlungen durften nur noch Anregungen zur Geselligkeit liefern usw. Mit fadenscheinigen Begründungen verließen viele Vertrauensmänner ihren Posten und die Zahl der Austritte aus dem Verein war höher als die der Neumitglieder. Dennoch bemühten sich namhafte Mitglieder, dieser Entwicklung die Stirn zu bieten. Der Vorsitzende und Schriftleiter der „Blätter des Albvereins“ Prof. Dr. Eugen Nägele berichtete 1930 anlässlich des von den Nazis gewünschten Wechsels der Druckerei, die jüdische Besitzer hatte: „Da schreiben nun die Nationalsozialisten: Wir sind dagegen, dass eine jüdische Druckerei das Blatt druckt….. Nicht der Besitzer der Druckmaschinen, sondern die Vereinsleitung und die Mitglieder entscheiden über den Geist unseres Vereins. Dieser Aussage habe ich nichts hinzuzufügen.
1949 ist im Protokollbuch nachzulesen: 15 Personen, sowie der Filsgauobmann Dr. Kohler wählten im Gasthaus Adler als Vertrauensmann Hermann Schürlein und zum Stellvertreter Karl Rollmann,( -dessen Sohn, Karl-Heinz R., heute hier anwesend ist,-) sowie die weiteren Vorstandsmitglieder. Aber schon ein Jahr später übernahm Stellvertreter Karl Rollmann den Vorsitz. Am Tag des Baumes fand eine Baumpflanzung auf dem Rigi (Reutenberg) statt. Die Ortspresse bemerkte 1954 dazu:
„Außerdem wurde eine Ruhebank aufgestellt, die auf den Namen „Rigi-Ruhe“ getauft wurde. An dieser Bank wurden 2 Birken gepflanzt. – Später kam noch eine 3. dazu.- Immer am Tag des Baumes wurden um Holzheim herum Birken gepflanzt. Wir werde heute noch einige entdecken. Wenige Jahre später berichtete Rudolf Landesvatter der Versammlung allerdings, dass eine von den gepflanzten Birken in der Nacht zum 1. Mai abgehauen und vermutl. als Maibaum verwendet wurde. Erich Hilger erinnerte sich, dass ab diesem Zeitpunkt die Birken in der Nacht zum 1. Mai bewacht wurden!! Mittlerweile zählte die OG 155 Mitglieder- eine stattliche Anzahl. Kurz erwähnen möchte ich noch die nachfolgenden Vorsitzenden: Manfred Maunz, Kurt Schmid, Gottfried Grund, Günter Böpple, Siegfried Kraft und Peter Austen. Und mit letzterem sind wir in der Gegenwart angekommen. Nachwuchssorgen zwangen uns die Leitung in die Hände eines Teams zu legen, welches aus Schriftführer, Kassiererin und Teamsprecherin besteht. In dieser Form versuchen wir seit 2016 die Aufgaben zu bewältigen. Manche liebgewordenen Veranstaltungen mussten wir weglassen. Wie auch andere Vereine leiden wir massiv unter Nachwuchssorgen und einer Überalterung der Mitglieder. Aber darüber wurde auch schon in früheren Jahren geklagt. Ich selbst sehe nur eine Möglichkeit: Engagiert euch- jeder! Überlasst es nicht den anderen! Prof. Dr. Dr. Marc Spitzer, Hirnforscher und Psychologe, hat eindeutig herausgefunden: „Jedes Ehrenamt ist besser als ein Aspirin“.
Eine wichtige Aufgabe des Albvereins ist von Anfang an das Anlegen, Pflegen und Beschildern von Wegen. Obwohl VM Manfred Maunz schon ausgerissene Schilderpfähle und abgerissene Markierungszeichen beklagte, haben wir in Holzheim einen neuen Rundweg ausgeschildert, der hoffentlich Zerstörungsversuchen widerstehen wird. Bestehende Wege haben wir sozusagen mit einem unsichtbaren Roten Faden verbunden, den Weg weisen wird uns die hübsche kleine hellgrüne Linde.
Vor ca. 4 Jahren kam erstmalig die Idee eines Holzheimer Rundweges auf. Unsere Planungen kamen nicht so richtig in Gang, weil es doch erhebliche personelle, organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten gab. Frustriert legten wir das Projekt auf Eis.
Zu unserem Glück hat der Kreis GP in den vergangenen eineinhalb Jahren gemeinsam mit Kommunen und Tourismusverbänden den Ausbau von Wanderwegen vorangetrieben. Und damit blühte der Gedanke wieder auf, zu 23000 Wanderwegen zwischen Main und Bodensee den 23001.(…ersten) Weg noch hinzuzufügen. Von der Wegebeschaffenheit her gesehen kann unser Rundweg nicht zu den Löwenpfaden gezählt werden, aber landwirtschaftliche und kulturelle Besonderheiten kann unser Weg aufweisen. Frau Lisa Herr, Leiterin des Referats Stadtmarketing und Tourismus, sowie Holger Bäuerle, Tourismusmanager des Landkreises Göppingen, unterstützten uns bei der Verwirklichung unseres Vorhabens. Ihnen möchte ich an dieser Stelle unseren besonderen Dank aussprechen.
Unser Rundweg erinnert an Holzheimer Geschichte. 2 Themen möchte ich heute anschneiden. Die Brauereigeschichte Holzheims und die Friedenslinde. Die Brauereigeschichte beginnt mit den beiden Brüdern Michael und Johannes Mühlhäuser. Aus bäuerlichen Verhältnissen stammend übernahm Michael von seinen Eltern das Anwesen Hofstr. 9 und eröffnete dort ein recht bald florierendes Fuhrunternehmen. Dem gleichnamigen Sohn gelang es, den Gewerbesteuerbetrag von anfangs 23 Gulden auf 134 Gulden zu erhöhen! Davon konnten andere gewerbetreibende Holzheimer nur träumen. Auch der Bruder arbeitete als Fuhrmann im Unternehmen, das deutschlandweit unterwegs war. Nachdem die Räumlichkeiten in der Hofstr. zu eng wurden (u.a. besaß das Fuhrunternehmen 30 Pferde!), wurden Grundstücke im heutigen Rigi-Bereich erworben.
Schicksalsschläge: im Frühjahr 1843 starb innerhalb von nur 3 Wochen das Ehepaar Johannes Mühlhäuser. Die zurückbleibenden 6 Kinder im Alter von 1 Monat und 10 Jahren wurden vom Bruder Michael angenommen. Wo gearbeitet wird, wird auch gegessen! Mich. Mühlh. eröffnete eine Gaststätte „Zum Rössle“ zur Erinnerung an die Fuhrwerke. Aufmerksam verfolgte er die gesellschaftlichen Entwicklungen, was ihn zu folgendem Ersuchen an die Donaukreisregierung veranlasste: „… mein jetziges Gewerbe eines Landfuhrmannes droht in Abgang zu kommen. …ohne Zweifel durch die Errichtung der bevorstehenden Eisenbahn.“ Eine Gaststätte hatte er schon, und so wandte er sich, ebenso wie sein Sohn, der Bierbrauerei zu. Das Fuhrunternehmen des zweitreichsten Holzheimer Bürgers musste Konkurs anmelden. Sein Sohn allerdings avancierte mit der Brauerei zum Spitzenverdiener Holzheims. Aber:Nichts bleibt wie es ist! Im sog. „Bierkrieg“ profitierte er noch vom scharenweisen Einfallen der Göppinger im Rössle, wo das Bier 2 Kreuzer billiger war als in GP, doch der Niedergang konnte nicht verhindert werden. Ein vom Vater aufgenommenes Baudarlehen konnte er durch aufgelaufene Zinsen und Zinseszinsen nicht abbezahlen, und er zog wie sein Vater um 1880 weg von Holzheim.
Erst Ende des 19. Jhdts. florierte das Unternehmen unter der Leitung des Reutlinger Brauereipächters Ludwig Mauz. 1911 wurde die Brauerei in eine Genossenschaft umgewandelt, dennoch, nur 11 Jahre später musste der Brauereibetrieb eingestellt werden. Den wahren Grund dafür werden wir wohl nicht mehr erfahren.
An die einstmals erfolgreiche Holzheimer Brauerei erinnert hier nichts mehr. Der See, aus dem einst im Winter die Eisklötze für die Bierkühlung entnommen wurde, ist zugeschüttet- heutiges Freibad! Die Brauwasserquelle ist vermutlich durch die tiefen Bauarbeiten bei der Errichtung des Rigi-Wohnhauses versiegt. Letztes Relikt ist der ehemalige Eiskeller auf dem Gelände der früheren Holler-Villa. Es ist dort drin so kalt, dass „…In guten Jahren das Eis im Eiskeller nur 10% seines Volumens verlor,“ erläuterte Thilo Keierleber. Heute gehört dieses Grundstück Herrn Karl-Heinz Rubin. Und nun kommt mein kleines Schmankerl für Sie: Herr Rubin hat sich bereiterklärt, heute diesen Eiskeller für Interessenten zur Besichtigung freizugeben! (Herr Rubin, auch Ihnen an dieser Stelle ein ganz herzliches Danke schön!)
Während des 2. Weltkrieges diente der Eiskeller auch als Luftschutzraum. Herr Rollmann erzählte mir: „ Als Schüler der Hh.er GS mussten wir manchmal fast jede Stunde in den Bierkeller. Am Ende gibt es einen Schacht mit einer Leiter. Wir mussten üben, da hinauf zu klettern, falls der vordere Eingang nach einem Angriff nicht mehr zu benutzen war.“ Und Eugen Ganßloser spürt noch heute die kalten Füße- die meisten Kinder waren barfuß!
Nach dem Eiskeller führt uns unser Rundweg an der Bereitschaftspolizei vorbei zum Naturdenkmal Friedenslinde. In keinem Archiv finden sich Angaben zum Alter der Friedenslinde. Ein Hinweis unseres OG-Mitglieds Reinhard Schmid führte uns weiter. Über das Dickenwachstum könne man auf das Alter von Bäumen schließen. Aber wir können doch den Baum nicht fällen, um seine Jahresringe abzuzählen! Nein, wir machten es anders. Mein Mann und ich maßen in zwei verschiedenen Höhen mit einem ganz normalen Maßband den Umfang. Auf der Internetseite von „baumportal.de“ konnten wir unsere Messdaten eingeben und dadurch das Alter der Linde auf 149Jahre festlegen. Berücksichtigt man noch den Namen „Friedenslinde“, dann können wir zweifelsfrei davon ausgehen, dass sie, was vielerorts üblich war, nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 vermutlich im Sinne einer Aussöhnung mit Frankreich gepflanzt wurde. Auch bei Wikipedia ist zu lesen, dass es nach Pest- und Kriegszeiten „den Brauch gab, sogenannte Friedenslinden zu pflanzen. Die meisten Exemplare erinnern an den dt.-franz. Krieg.“ Sehr alte Holzheimer erzählten mir außerdem, dass sie die Linde schon in ihrer Kindheit als riesigen Baum erlebt hätten.
In einer Beschreibung des Oberamts GP von 1844 ist folgendes zu lesen: „Der ….Reuteberg wurde in früheren Zeiten wegen des vollen Panoramas, das sich hier eröffnet, häufig besucht. Eine Allee von 50 schönen Linden … wurde aber vor 10 Jahren gefällt, um den Berg zur Cultur bringen zu können.“ Schade! Aber immerhin wurde knapp 40 Jahre später fast auf dem höchsten Punkt des Reuteberges die Friedenslinde gepflanzt. Sowohl Karl-Heinz Rollmann als auch Helmut Rapp erzählten mir, dass es im 2. Weltkrieg dort oben eine kleine Hütte mit bombensicherem Unterstand zur Luftraumüberwachung gegeben habe, besetzt mit weiblichen Wehrmachtsbeauftragten, den „Blitzmädels“.
„Lassen Sie uns gemeinsam unsere Heimat gestalten“, appelierten Sie, Herr Till, beim diesjährigen Bürgerempfang im Januar. Wir von der Hher OG des SAV sind überzeugt davon, dass wir mit der Beschilderung des Holzheimer Rundweges „Friedenslinde“ einen Beitrag im von Ihnen angesprochenen Sinne leisten. Bestimmt ist unsere Aktion auch eine Bereicherung – ich zitiere Sie noch einmal„um Göppingen und seine Stadtteile liebenswert zu erhalten.“
Zum Abschluss unseres Festaktes wollen wir gemeinsam die Albvereinshymne singen.
Und nun laden wir Sie alle ein, mit uns den Holzheimer „Rundweg Friedenslinde“ zu eröffnen. Der Weg beginnt und endet am früheren Eissee, heute am TV- Heim.
15. April 2018
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